Polen! Meine Reise in die Vergangenheit

Polen, meine Reise in die Vergangenheit.

Eigentlich war Mitte September eine Reise nach Albanien geplant, allerdings machte Corona und Marco’s Urlaubsplanung uns einen Strich durch die Rechnung.

Doch zu Hause bleiben war für mich keine Option. Es gibt immer einen Plan B, man muss sich nur ein paar Gedanken dazu machen. Schon länger beschäftige ich mich mit meiner Herkunft und meinem Geburtsland. Es ist ein Prozess, den ich aufarbeiten musste, denn lange Zeit habe ich dies verdrängt.

Ich bin in Chorzow geboren, einer Stadt die dem Ruhrpott und meiner -Heimat- Bochum ziemlich ähnlich ist. 6 Jahre habe ich in Polen gelebt, bis wir 1989 mit etwas mehr als einen Rucksack nach Deutschland geflüchtet sind. Wir besitzen einen Vertriebenenausweis und sind sogenannte ‚Spätaussiedler‘, wovon es 1988-1990 tausende gab.

Der Zeitpunkt war perfekt, nochmal zu meinen Wurzeln zurückzukehren und die Erinnerungen zu erneuren und das Verdrängen zu beenden.

Ich erzählte meinen Eltern und meiner Schwester von meinem Vorhaben und so war der Entschluss schnell gefasst, dass wir diese Reise gemeinsam machen werden, inklusive meinem Schwager, der zufällig auch aus Chorzow stammt + meinen kleinen Neffen.

Meine Oma ist mittlerweile 89 Jahre alt und seit 9 Jahren hat sie uns nicht mehr gesehen, mit Ausnahme meiner Eltern. Der Zeitpunkt war ideal, ihr einen Besuch abzustatten.

Uns stand eine Woche zur Verfügung, doch diese nur in der Großstadt zu verbringen, kam für mich nicht in Frage. Als Kind verbrachte ich mit meinen Eltern jedes Wochenende in den Bergen und auch dieser Ort stand auf meiner Liste.

Die Reiseplanung war ziemlich schnell abgeschlossen, es mussten nur noch die Unterkünfte gebucht werden. Früher schliefen wir alle bei meiner Oma in der Wohnung, doch mit 5 Erw. + Baby war dies keine Option mehr.

Wir buchten ein Appartment in Chorzow für 5 ÜN und 3 ÜN in Wisla (Beskide).

Das Appartment in Chorzow Zentrum fand ich bei Airbnb. Es war auf 2 Etagen aufgeteilt, mit einer Wohnküche, 3 Schlafzimmer, 3 Bäder und einem Balkon. Zu der Anlage gehörte eine Tiefgarage, wo wir ein Auto abstellen konnten. Die Einrichtung war sehr modern und sauber. Der Kontakt war immer freundlich und hilfsbereit. Der Preis lag bei 476,24€ für 6 ÜN (5 Erw. + 1 Baby)

https://www.airbnb.de/rooms/29867028?source_impression_id=p3_1601827822_EaM6dmrUqiunenR1

Tatsächlich hat seit der Corona Pandemie, Polen einen kleinen reiseboom erlebt. Dieses Land hat unglaublich viel zu bieten und doch wird es selbst von mir total unterschätzt. Städte wie Krakau, Danzig und Breslau sind einen Besuch wirklich wert. Das Land ist ziemlich abwechslungsreich, ob an der Ostsee, im Tatra Gebirge oder an den masurischen Seenplatten. Da der Tourismus noch nicht stark ausgebaut ist, kann man hier noch authentischen unbeschwerten Urlaub erleben.

Da es dort noch keinen Euro gibt, müsst ihr im Kantor vor Ort noch Geld wechseln, doch mittlerweile kann überall auch mit Karte zahlen. (Wechselkurs: 1€:4,46 polnische Zloty)

Um 3.00 Uhr morgens ging es los -> Bochum – Chorzow 1000km, beachtet bitte dass die Autobahn A4 in Polen mautpflichtig ist. Kartenzahlung kein Problem!

Wir verbrachten die ersten Tage mit zahlreichen Familienbesuchen, da der größte Teil in Polen noch wohnhaft ist.

Chorzow

Chorzow (Königshütte) ist eine Industriestadt in Schlesien. Nach dem Niedergang des Steinkohlebergbaus und der Stahlwerke, hatte die Stadt schwer mit der Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Doch jetzt merkte ich einen leichten Aufschwung, die EU Gelder werden verwendet, die Stadt aus dem Winterschlaf zu erheben.

Ich joggte morgens durch die Viertel, um meine Erinnerungen zu erwecken. Der Wettergott meinte es nämlich gut mit uns. Mitten im September 25 Grad und blauer Himmel.

Doch auch Chorzow hat schöne Ecken, die ich auch zeigen möchte.

Der schlesische Park, ist ein Kultur und Erholungspark mitten in der Stadt an der Grenze zu Kattowitz. Er erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 620 Hektar und ist somit der größte Stadtpark Europas. Dort angesiedelt, ist ein Planetarium, ein Zoo, ein Vergnügsungspark, ein Stadion usw.

Mit der Elka Seilbahn kann man quer durch den Park fahren.

Mehr Infos unter: http://www.elka.parkslaski.pl/

Montag machten mein Schwager und ich einen Tagesauflug. Wir entschieden uns das Konzentrationslager Ausschwitz I // II und danach Krakau zu besuchen. Denn wir beiden waren die Einzigen, die es noch nicht gesehen haben.

Ausschwitz I // II

Die Führung buchten wir im Vorfeld bei https://www.getyourguide.de/activity/krakau-l40/auschwitz-birkenau-schnelleinlass-tour-ohne-transfer-t223212?utm_force=0 in deutscher Sprache. Es ging erst durch Ausschwitz I und danach ging es nach Ausschwitz II (Birkennau). Diese Lager (Gedenkstätten) sind ein Teil unserer Geschichte, meiner polnischen, sowie meiner deutschen.

Die europaweit gefangen genommenen Menschen wurden per Bahn ab 1940 in das KZ Auschwitz transportiert, etwa 90 % davon waren Juden. Die Herkunftsländer waren Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Sowjetunion, Tschechoslowakei und Ungarn.

Die Zahl der Todesopfer beläuft sich auf 1,1-1,5 Millionen Menschen. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee den Lagerkomplex.

Aufklärung ist die wichstigste Waffe, damit sich solche Taten nicht mehr wiederholen. Niemand kann in Worte fassen, was sich in diesen Lagern für Bilder abgespielt haben müssen. Man kann es durch die Erzählungen der Reiseleiterin erahnen. Dieser Ort ist durch Schmerz, Wut und Trauer gebranntmarkt.

– Bei der Führung bestand Maskenpflicht, aufgrund von Covid19 –

Krakau

Danach ging es für uns Richtung Krakau, da mein Cousin dort studiert, bekamen wir unseren persönlichen Reiseleiter. Unsere Unterhaltung war ein Mix aus polnisch, deutsch und englisch.

Diese Stadt hat soviel Geschichte und ist so anders als Chorzow. Sie ist offener, multikutureller und absolut spannend. Hier trifft Kultur auf Kulinarik, historische Bauwerke auf modernes Design.

TOP 3

Markplatz

Das Herstück von Krakau ist der Markplatz. Er bildet das Zentrum der Stadt und lockt mit zahlreichen Restaurants und Cafes.

Rund um den Rynek Glowny, den Marktplatz, erstreckt sich die historische Altstadt Krakaus, die seit 1978 auch Teil des UNESCO-Welterbes ist.

Wawel Kathedrale

Die berühmte Wawel-Kathedrale blickt auf eine 1.000-jährige Geschichte zurück und fungiert als Krönungsstätte polnischer Monarchen und als Grabstätte für zahlreiche Könige und Erzbischöfe.

Sie gehört zu den wichstigsten Kirchen Polens und das Heiligtum der katholischen Kirche.

Das Viertel Kazimierz

Am linken Ufer der Weichsel erstreckt sich eines der interessantesten und angesagtesten Viertel Krakaus. Es ist das ehemalige ‚jüdische Viertel‘. Dort lebten 1939 ca. 64.000 Juden, dort entstand das Krakauer Ghetto. Heute sind es nur noch insgesamt ca. 1000 Juden in ganz Krakau.

Heute geht es rund und den Plac Nowny alternativ zu. Vor allem junge Leute und Studenten, nutzen die zahlreichen Angebote aus Cafes und Bars.

Doch die Geschichte dieses Viertels ist spürbar und verleitet mir Gänsehaut.

Ihr sollter unbedingt ein paar Tage in Krakau verbringen.

Wisla

Die letzten Tage ging es für uns nach Wisla. Die Stadt liegt inmitten der Schlesien Beskiden und ist nur 90km von Chorzow entfernt. Hier verbrachten meine Eltern und ich fast jedes Wochenende, um der Großstadt zu entfliehen.

Die Appartment Anlage https://apartview.pl/ liegt auf einem Hang und man hat einen fantastischen Ausblick auf die Berge. Die Einrichtung ist hell und sehr modern eingerichtet. Allerdings war nicht alles perfekt, denn der Couchtisch war kaputt, die Türklinge war defekt und das Badezimmer meiner Schwester stand nach dem ersten duschen unter Wasser. Wir haben alles dokumentiert und werden diese Schäden noch melden. Der Preis für 3 ÜN lag bei ca. 325€ für 5 Erw. + 1 Baby

In der Umgebung gibt es zahlreiche Wanderwege. Es ging hoch nach Kubalonka um das Haus zu suchen, indem wir damals viele Wochenenden verbrachten.

Kulinarisch hat Schlesien auch einiges zu bieten und das Preis-Leistung-Verhältnis ist super! Wir sind alle auf unsere Kosten gekommen, egal ob Zurek im Brotlaib oder Rouladen mit Klößen, es war jedesmal ein Genuß.

Ansonsten enstand hier 2008 die berühmte Ski Sprungschanze von Adam Malysz. Der berühmte Skispringer ist in Wisla geboren und verleiht diesen Ort seine zahlreichen Touristen.

Dieses Reisejahr ist so anders und doch hab ich viel positives erlebt. Vor allem hat mir diese Reise in die Vergangenheit eine besondere Art der Wiederentdeckung gegeben. Ich konnte mit mir und meinem Herkunftsland frieden schliessen.

Doch eins muss ich noch hinzufügen, nach den ganzen Gesprächen mit meiner Familie macht mir die politische Situation im Land wirklich Sorge. Die Entwicklung und der Einfluss der katholischen Kirche macht einen weltoffenen Menschen wie mich, das Leben dort unmöglich. Die LGBT-freie Zone gewinnt immer mehr an Gehör und Zustimmung. Niemand darf in den Lebensstil eines Menschen eingreifen, egal welcher HerkunftReligion oder Sexualität.

Dies ist allerdings mein persönliches Statement, doch es lag mir auf dem Herzen euch dies nicht zu verheimlichen.

(Werbung, da Verlinkung)

 

 

 

 

Comments (4)

  • Julia Miran

    5. Oktober 2020 at 21:04

    Dank deinem tollen Bericht habe ich richtig Lust auf Polen bekommen.
    LG Julia

    1. Globusfootsteps

      23. Januar 2021 at 19:56

      Hehe, ich werdes es verfolgen, wenn du unterwegs bist 🙂 Liebe Grüße aus Bochum nach München 🙂

  • Lisa

    19. Oktober 2020 at 13:42

    Hallo Du Liebe,
    ein richtig emotionaler Artikel. Bei „Wir besitzen einen Vertriebenenausweis und sind sogenannte ‚Spätaussiedler‘“ hatte ich leicht Gänsehaut und auch, dass ihr mit gerade einmal einem Rucksack nach Deutschland gekommen seid. Wie schön, dass Du nun auf den Spuren der Vergangenheit gewandelt bist! Ausschwitz habe ich mir noch nie angeguckt, muss ich aber unbedingt tun. Das wird auf jeden Fall eine sehr krasse Erfahrung.
    Fühl Dich gedrückt
    Lisa

    1. Globusfootsteps

      23. Januar 2021 at 19:55

      Ja 2020 war ein besonderes Jahr voller Höhen und Tiefen. Doch die Reise hat mich persönloch leichter gemacht 🙂 Schön, dass es dir gefallen hat.

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